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Kenneth Bonert: Der Löwensucher. Diogenes Verlag 2015, ISBN978-3-257-06923-5

Veröffentlicht am 10.04.2015

Isaac Helger, ungestümes und gescheites Kind jüdischer Einwanderer aus Litauen, wächst in der ärmlichen jüdischen Siedlung einer südafrikanischen Stadt auf. Sein Vater, hinkend, repariert die Zeit und sehnt sich nach Hause. Seine Mutter Gitelle, gezeichnet und entstellt von den Übergriffen gegen Juden in ihrer Heimat, sieht nur das Jetzt und das Morgen und geht mit starken, energischen Schritten vorwärts. Dort vorne, in der Zukunft, dort will sie das Gestern und das Morgen, den Schmerz und die Hoffnung vereinigt sehen, sie will ihre Schwestern und Familien zu sich holen, in das zwar nicht gelobte Land, aber doch eines, in dem es sich halbwegs leben lässt. Und ihr Sohn Isaak ist´s, der ihr diesen Herzenswunsch erfüllen soll. Sie unternimmt alles, um ihn zu einem erfolgreichen, das heißt in ihren Augen: reichen, Mann werden zu lassen, damit alles, was ihrem Traum im Wege steht, weg gekauft werden kann. Der Vater ahnt es mit seinem nachdenklichen weichen Herzen, Isaac fürchtet es, die Mutter leugnet es: Isaac ist ein eigener Mensch, der seinen eigenen Weg finden muss. Und der ist nicht leicht. Auch in Südafrika ist Mensch nicht gleich Mensch, ganz entgegen den Erwartungen der Einwanderer. Schwarze sind nichts, höchstens als Dienstboten zu gebrauchen. Und Juden sind Juden, und damit noch lange nicht auf einer Stufe mit anderen Weißen. Hier heißen die Nazis Greyshirts, und wenn auch grau nicht braun ist, so sind doch die Brutalität, die Menschenverachtung und die Bösartigkeit genau die gleiche wie in Nazi-Deutschland. Vielleicht nicht ganz so offensichtlich.

Isaac balanciert ständig zwischen den Einflüsterungen seiner Mutter und den eigenen Wünschen. Er muss straucheln, er muss fallen. Immer wieder. Bis er einem Menschen begegnet, der ihm klar macht, dass nur gewinnt, wer bereit ist, ein Löwe zu sein. Um dies zu erreichen, muss Isaac den Traum der Mutter verraten, sich gegen all das wenden, was ihm bis dahin als das Richtige erschienen war. Als Soldat im zweiten Weltkrieg verliert er die letzten pausbäckigen Reste von Träumen und romantischen, gefühlvollen Vorstellungen. Unnachgiebig bahnt er sich seinen Weg. Der ihm letztendlich den Bruch mit der starken Mutter einbringt.

Der Roman ist hart. Es ist die Geschichte der Juden in Südafrika. Es ist die Geschichte der litauischen Juden. Es ist die Geschichte der jüdischen Seele. Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, der sich mit unvergleichlicher Zähigkeit durchs Leben beißt, ein Löwe wird und sich nach nichts anderem sehnt, als wie ein alter Löwe träge in der Sonne liegen zu dürfen.

Was mir selten geschieht: ein Buch immer wieder zur Seite legen zu müssen. Weil es kaum zum Aushalten ist. Dass das Schicksal so unnachgiebig sein kann. Dass tatsächlich so viel schief gehen kann. Dass eine Seele so viel aushalten muss.

Ich kann´s gar nicht fassen, dass der Autor so jung ist.

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