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Ralf Rothmann: Im Frühling sterben. Suhrkamp Verlag 2/2015; ISBN-13: 978-3518424759

Veröffentlicht am 14.10.2015

Täuscht mich mein Eindruck, nämlich dass uns Nachkommen der Kriegsgeneration jetzt, da wir selbst in die Jahre kommen, das starke Verlangen plagt, verstehen zu wollen, wer unsere Eltern wirklich waren, zu einer Zeit, als sie noch nicht unsere Eltern waren, und dann, die sie waren während ihres Mutter- oder Vater-Seins? Täuscht mich mein Eindruck, weil ich selbst seit einiger Zeit mit einer an Verzweiflung grenzenden Vehemenz nach dem Leben meines Vaters suche, nach seinen Spuren in der Zeit vor meiner Existenz?

Jedenfalls begibt sich der Autor Ralf Rothmann auf die Suche nach dem jungen Mann Urban- aufrichtig, anständig und treu -  sowie dessen Freund Fiete – ein Träumer, naiv und impulsiv. Im Jahr 1945 sind sie 17, als Melker ausgebildet, verlieben sich das erste Mal und werden zwangsrekrutiert.

Nach kürzester Ausbildung schickt man die Zwei ins Feld. Die Feinde um sie sind nicht nur die, welche zurück schießen. Sie finden sich unter Kameraden, unter Offizieren.

Jedes Detail des Soldatenlebens, vom hehren Idealismus bis in die Banalitäten dreckiger Unterwäsche, mutet Rothmann dem Leser, zu in einer Weise, als sei er persönlich dabei gewesen, und lässt ihn teilhaben am alltäglichen Kampf ums Überleben, was nicht nur bedeutet, nicht getroffen zu werden von Bomben, Schrapnellen, Kugeln, sondern Kampf gegen Läuse, Schmutz, Kälte, gegen Durst, unvorsichtig geäußerte Worte, gegen Verlockungen, Sehnsucht und Heimweh.

Der Krieg führt die beiden Freunde an ein brutales traumatisierendes Finale ihrer Freundschaft. Der Überlebende absolviert ab da sein Dasein wie eine Pflicht.

„Die Väter haben saure Trauben gegessen, aber den Kindern sind die Zähne davon stumpf geworden“, so zitiert Rothmann den Propheten Ezechiel in Kapitel 18, Vers 2, noch vor dem ersten Satz des Romans.

Wir sind die Kinder.

 

Ez 18;2: „Patres comederung uvam acerbam et dentes filiorum obstupescunt.“

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