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Knausgård, Karl Ove: Lieben. BTB Luchterhand München 6/2014. SBN 978-3-442-74685-9

Veröffentlicht am 21.12.2014

Knausgård, Karl Ove: Lieben. BTB Luchterhand München 6/2014. ISBN 978-3-442-74685-9

Auf den Roman gestoßen war ich bei einer Büchervorstellung meiner Lieblingsbuchhandlung. Im Rhythmus von etwa zwei Monaten laden die Buchhändler zum Frühstück in ein Hotelcafé ein, wo man genüsslich Kaffeetrinken und Marmeladensemmeln kauen kann, während mit Hingabe und professionell aus ihren Buchempfehlungen vorgelesen wird. Und da hat mich das durchaus begeistert, wie ein Mann, Norweger in Schweden, im Alter meines Schwiegersohns davon erzählt, welche Schwierigkeiten er damit hat, mit seiner Tochter zur Babygymnastik zu gehen, obwohl er doch weiß, wie gut das alles ist und dass dies seinem Ansehen als Mann mehr zu- als abträglich ist. Lustig und unterhaltsam hab ich den Textauszug erlebt und mir gleich, nachdem ich den Mund leer hatte, das Buch gekauft. Es ist Band zwei einer groß angelegten Biografie, wohl Auto-, die als Ganzes den Originaltitel: „Min Kamp“ trägt, mit diesem Titel allerdings schlecht in Deutschland aufschlagen kann.

Allerdings drückt der Originaltitel genau das aus, was für mich das Lesen dieses 763 Seiten langen Schinkens (nur Band 2!) war: ein Kampf! Karl Ove ist ein völlig verunsicherter Mensch, der zwischen Zweifel und Größenwahn jeden zugebundenen Schnürsenkel zu Papier bringen muss, jedes bedeutungslose Aufblitzen eines Aluminiumzipfels in einem Mülleimer. Stundenlang kann er Umgebung beschreiben, die für den Verlauf des Geschilderten gänzlich überflüssig ist, umso mehr, als ihm nicht gelingt, Stimmung zu erzeugen, die Bilder im Leser hervorruft. Er wirkt wie einer, der manisch schreiben muss, alles, buchstäblich alles notiert, ganz gleich, worum es sich handelt, vor lauter Angst, es könnte dem Vergessen anheim fallen. Dazwischen wird philosophiert, Bücher werden besprochen und inhaltslose Telefonate wiedergegeben. Dann und wann blitzt die Liebe zu seinen Kindern auf, manchmal auch die zu seiner Frau. Vordergründig aber ist immer seine wahnsinnige Sehnsucht, all dessen ledig zu sein, allein zu sein, zu schreiben zu schreiben zu schreiben…. Und: dass seine Kindheit und Jugend in Norwegen düstere Farben trägt, die er nicht wiedersehen will.

Ich las Seite um Seite, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass kein geniales Einlenken gegen Ende hin auf den Leser wartet. Aber er lenkte nicht ein. Er therapiert sich selbst, versucht sich mit Wörtern näher zu kommen und braucht dazu uns, die Leser, um bei Lesungen, in Rezensionen oder anderen Besprechungen uns die Bedeutung seines Lebens abzugewinnen, die er ihm selbst nicht zu geben vermag.

Er hat als erster literarischer Debütant sofort den norwegischen Kritikerpreis bekommen. Vielleicht habe ich das Buch nicht verstanden. Oder die Norweger. Oder aber es schildert etwas in unserer Zeit, ein Gefühl, eine Haltung, der ich nicht nahe kommen will. All das kann sein.

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